Was manchmal funktioniert, ist hin und wieder auch hinderlich. Hier ist die Rede von To-Do-Listen. Die gute alte Schule des Zeitmanagements rät dazu, sich all das, was man zu erledigen hat, aufzuschreiben. Als nächstes bringt man eine Ordnung in die Punkte und priorisiert. Am Schluß hat man dann eine handhabbare Liste, an der man den Fortschritt und Erfolg mit jedem Häkchen erkennen kann.
Was in der Theorie hervorragend funktioniert, erweist sich in der Realität dann doch problematischer als gedacht. Zunächst einmal kostet es Zeit, diese Listen zu erstellen und entsprechend umzuordnen. Die wenigsten können sich auch konsequent an die Empfehlung halten, Pufferzeiten einzuplanen. Wenn die Liste erst doppelt so lang ist wie der Tag, verlangt es ein hohes Maß an Kreativität, sich auch noch vorzustellen, Zeit für all das zu haben, was bekannterweise immer dazwischenkommt.
Da klingt plötzlich das Telefon und ein lang ersehnter Kunde wünscht sich einen Auftrag und am besten soll er schon vorgestern erledigt gewesen sein. Der Computer meldet sich und verkündet freudestrahlend ein neue Up-Date. Entgegen den hohen Erwartungen funktioniert aber nicht alles so reibungslos. Veränderungen kosten Zeit und Kraft und sie lassen sich tatsächlich nicht immer voraussehen und planen.
Gut und sinnvoll ist es deswegen trotzdem hin und wieder eine To-Do-Liste zu erstellen. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht und auch wenn man in der Liste nicht alles sieht, so hat man am Schluß doch einen ungefähren Überblick, was einen erwarten könnte. Planen hilft, doch wer zu viel plant, schafft am Ende gar nichts.
Eine hemdsärmelige Mentalität, frei nach dem Motto: „Welche drei Buchstaben definieren Erfolg? TUN“ ist oft zielführender als ein detaillierter Plan, den man Wirklichkeit sowieso nicht 1 zu 1 umsetzen kann. Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, mach einen Plan. Der Sarkasmus ist übertrieben und man kann nie wissen, ob die spontane Reaktion nicht auch ein Ausdruck der Bestätigung ist.
Plan und Spontanität sollten sich fruchtbar ergänzen. Am besten man macht einen Entwurf, läßt den kurz liegen, gießt die Blumen, macht einen Anruf, der nichts mit der Arbeit zu tun hat, kehrt dann zu seinem Entwurf zurück, überarbeitet und ergänzt ihn und macht sich dann frisch ans Werk. Und wenn plötzlich etwas dazwischenkommt, dann ist das kein Weltuntergang. Es geht beim Planen nicht ums Planen, sondern um das Ziel. Hin und wieder ist es nützlich auch rechts und links des Weges zu schauen. So übersieht man garantiert keine Abkürzung und kommt doch da an wo man will. Vermutlich sogar eine Spur entspannter als erwartet.
To-Do-Listen haben also ihren begrenzten Nutzen. Da der entscheidende Faktor für das Erreichen eines Ziels oft die Hartnäckigkeit ist, kommt auch noch eine zweite Art von Listen ins Spiel: Die so genannten Es ist vollbracht (EIV)-Listen. Wer seine Motivation dauerhaft hochhalten will, schreibt nicht auf, was noch zu tun ist, sondern, das, was er schon geschafft hat.
Man stelle sich auf der einen Seite eine lange Liste unerledigter Dinge vor, nur spärlich mit Erfolgshäkchen versehen und der Tendenz, sich im Laufe des Tages auf magische Weise zu verlängern, anstatt kürzer zu werden. Dem gegenüber eine zweite wunderbare Liste, die einen zeigt, was man schon alles geschafft hat. Eine echte Wow-Liste. Worauf haben sie spontan mehr Lust?
Wir Menschen neigen dazu, den Blick auf das zu richten, was nicht gut ist, auf die unerledigten Dinge, also das, was uns irgendwie stört und beunruhigt. Es gibt eine konstruktive Unruhe, die vorantreibt und hilft Dinge zum Abschluß zu bringen, und es gibt eine Unruhe und einen Frust, der aufkommt, wenn man immer wieder, wie Sisyphos vor einen Berg steht und sich bemüht, das schier Unmögliche anzugehen. Es hat doch alles keinen Zweck, schießt einem dann schnell durch den Kopf.
Wer eine „Ist Vollbracht“-Liste macht, spürt den Rückenwind des Erfolgs. Indem man aufschreibt, was man schon geschafft hat, wird einem deutlich, wie gut man eigentlich schon ist. Das Glas ist plötzlich halbvoll und nicht halbleer. Mit jedem weiteren kleinen Erfolg wird es sogar voller. Vielleicht erreicht man nicht immer das Ideal eines perfekt 100% effektiven Tages. Ein bis an Rand volles Glas, schwappt leicht über. Gläser mit etwas Leere, kann man viel leichter transportieren. Sie sind in Bewegung.
Zen-Priester sagen: Aus einer leeren Tasse kann man nicht trinken. Füllen sie ihre Tasse jeden Tag mit Arbeit und ein paar Stückchen Erfolgszucker. Passen sie auf, daß die Tasse nicht ganz voll wird und bleiben sie locker und gelassen. So schmeckt der Kaffee am besten.
Es mag sogar sein, daß diese Erfahrung der menschlichen Unvollkommenheit gemeinsam mit der Beobachtung, was man trotzdem schon alles geleistet hat, einer guter Grund ist dranzubleiben. Man bleibt in Bewegung, bewahrt sich seine Flexibilität und nimmt spontan am Leben teil.
Alles in allem kann es sich gut anfühlen, so eine Liste zu machen. Neben all den Zielen, die man erreichen möchte, ist dies vielleicht auch eine Aufgabe, die man Tag für Tag immer wieder bedenken sollte. Es geht um das „sich gut Fühlen“. Auf welche Liste wollen sie das setzen? Auf To-Do oder Vollbracht (oder fast voll bracht). Oder auf beide?
Wie auch immer, TUN sie es einfach.
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