Es gibt eine ganze Reihe von Instrumenten, um leichter Entscheidungen zu treffen, doch nichts funktioniert besser als der Werte-Kompaß. Ein Kompaß zeigt immer in die gleiche Richtung. Wenn der eigene Kompaß richtig eingestellt ist, sagt er einem, was man tun soll, was gut für einen ist.
Um den eigenen Kompaß zu eichen, nimmt man sich ein Blatt Papier und betrachtet das eigene Leben. Das gelingt am besten aus der Distanz. Also begibt man sich an einen wunderschönen Ort und träumt von einem Ereignis in ferner Zukunft, zum Beispiel dem 80. Geburtstag. Dabei setzt man voraus, daß er bei bester Gesundheit im Kreise der Liebsten in einer Location stattfindet, die man sich selbst ausgesucht hat. Der Höhepunkt des Tages ist die Rede, die der beste Freund oder ein Mitglied der Familie halten. Das Geburtstagskind darf sich zurücklehnen und einfach nur genießen.
Das Blatt füllt sich nun mit einer Skizze dieser Rede, die man vor dem geistigen Auge sieht und mit dem geistigen Auge hört. Dabei sollte sich ein nicht so geistiges aber dafür um so schöneres Gefühl im realen Bauch entwickeln, denn diese Rede bestätigt all das, worauf man stolz ist. Der Redner berichtet von einem Leben, wie man es sich im tiefsten Herzen wünscht. In einem entsteht die Gewißheit: Ich habe es richtig gemacht.
Das Blatt vor einem füllt sich mit all den Worten, die man gerne hört. Und während man schreibt, steigert sich dieses Glücksgefühl noch.
Was den Inhalt bestimmt ist dabei vollkommen egal. Vielleicht hat man eine bahnbrechende neue Software auf den Markt gebracht, die das Sozialverhalten der Menschheit verändert. Oder man hat jemanden in der Familie bei einer schweren Krankheit begleitet. Die schönsten Momente können die gewesen sein, als man mit seinen Freunden im Stadion halb betrunken den Derbysieg gegrölt hat. Es spielt keine Rolle, was an Ereignissen auf das Papier kommt. Alles darf sein. Wichtig ist aber, daß es einem damit gut geht.
Wenn man die Rede skizziert hat, sucht man nach Werten. Fairneß. Soziales Engagement. Gewinnen. Liebe. Die Werte stecken in dem, womit man seine Lebenszeit verbracht hat. Wenn es die tollen Urlaube an der Cote d’Azur waren, dann ist diese Küste der Wert, also eine Sache, die einem wichtig ist und dem Leben Sinn gibt.
Die gefundenen Werte unterstreicht man und überträgt sie am besten auf ein zweites Blatt. Nun macht man einen Review. Aus all dem, was da an Wichtigem steht, bildet man eine Hierarchie. So kommt man schrittweise zu dem was einem wichtig, wichtiger und am wichtigsten ist. Es gibt einen Spitzenplatz und es gibt Ränge.
Für den Kompaß reicht es, sich die Top 3 genauer anzusehen. Angenommen dort stünden Begriffe wie Familie, Musik und Entdecken. In manchen Lebenssituationen ist es möglich, drei und mehr Dinge unter einen Hut zu bringen. Man kann mit der Familie nach Kuba reisen und die Straßenmusik in den Cafés von Havanna kennenlernen. Es kann aber auch sein, daß man nicht alles kombinieren kann. In einer Hierarchie schaut man von oben nach unten. Entscheidungen werden Top-Down getroffen. Das gilt insbesondere für Werte.
Wenn die Werte Vatersein, Meisterschaft und Ehrlichkeit lauten, könnte es vielleicht einen Konflikt geben, wenn man sehr viel Zeit für ein Training investieren muß, die die Kinder gerne mit einem verbringen würden. Wenn Kompromisse mit gutem Gefühl möglich sind, macht man sie natürlich. Doch manchmal kann man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen. Dann ist es wichtig, seine Favoriten zu kennen. Die eigene Wertehierarchie bildet den Kompaß.
Die Reise zu sich selbst, ist vielleicht kein einfacher Weg. Sie hält auch Entbehrungen bereit. Man wird Dinge hinter sich lassen müssen. Einfacher geht es, wenn man weiß, wo man hinwill. Hindernisse gehören dazu, aber wenn die Richtung klar ist, wird man seine ungeteilte Energie zur Verfügung haben, um sie zu überwinden.
Buz Luhmann gibt in seinem berühmten Suncreme-Song unzählige Lebenstips. Unter anderem auch den, den Ratschlägen von Beratern nicht zu sehr zu vertrauen. Sie seien wie Müll der Vergangenheit, den man nachträglich wieder etwas aufpäppelt. Die Antwort liegt aber in der Zukunft. Wobei es unwichtig ist, ob man vom 80., 90. 100 Geburtstag träumt. Der Traum ist das Ende UND der Anfang. I am dreaming of Havanna. Ulala.
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