Es gibt eine Übung, die kann helfen, sich in schwierigen Zeiten zu motivieren und gleichzeitig erhöht sie die Chance, an sein Ziel zu gelangen. Die Rede ist von dem so genannten Brief aus der Zukunft. Dabei handelt es sich schon um einen klassischen Ansatz der Visionsentwicklung und Zielerreichungsplanung.
Ein Grundsatz vieler Empfehlungen der Zielerreichung lautet: Denke vom Ende rückwärts. Dabei nimmt man an, man hat sein Ziel erreicht. Der eine oder andere Trainer fordert die Teilnehmer sogar dazu auf, sich vorzustellen, wie ihr Leben dann aussieht. Wie genau sieht es auch, wenn sie am Ziel sind? Mit wem sind sie zusammen? Wie fühlt es sich an. Träume können motivieren und wenn ein Traum besonders intensiv und klar ist, geht eine besondere Anziehungskraft von ihm aus.
Zwischen dem erträumten Endzustand, dem Soll, und dem jetzigen Ausgangszustand, dem Ist, existiert aber noch immer die Differenz. Diese Differenz ist der eigentliche Inhalt des Briefs aus der Zukunft. Sie wird nun mit Inhalt gefüllt. Wie bei einem Brief üblich, bedient man sich dazu der direkten Ansprache. Das Ich aus der Zukunft adressiert seinen Brief an ein Du in der Gegenwart. Dabei übernimmt dieses Zukunfts-Ich die Rolle des allwissenden Erzählers. Es weiß, wie es geht. Das zukünftige Ich kennt den Weg und ist bereit, sein Wissen zu teilen. Zum Wohle des nicht ganz so allwissenden Dus im Hier und Jetzt.
Die Anrede mit des Ich mit Du ist tatsächlich ein bewährter Suggestionstrick. Man kann sich viel einreden. Meist ist man als gesunder Mensch dazu veranlagt, sich ein bißchen besser darzustellen, als man bei nüchterner Betrachtung wirklich ist. Man weiß, daß man sich gerne selbst Honig um den Mund schmiert. Ich bin toll. Ich bin großartig. Ich kann das. So schön das auch klingt, da man weiß, daß man es mit der Wahrheit im eigenen Interesse nicht so genau nimmt, wirkt diese Eigensuggestion nur begrenzt. Wenn es so einfach wäre, sich alles einzureden, gäbe es vermutlich noch viel mehr selbstbewußte, glückliche Menschen. Doch das Bewußtsein schützt sich vor dem Selbstbetrug und bleibt skeptisch. Tritt dann aber ein anderer, und sei es nur ein imaginärer Erzähler auf den Plan, der einen mit Du anspricht, bröckelt der Suggestionsschutz schon. Diese Schwäche des Selbstbildes, das sich aus dem speist, was man denkt, was andere über einen denken, macht sich der Brief aus der Zukunft zu Nutze.
Das Zukunfts-Ich erzählt dem Gegenwarts-Du, also dem Menschen, der man gerade ist, war er aus Sicht eines Allwissenden getan hat, um ans Ziel zu gelangen. Was auf Anhieb etwas verrückt klingt, funktioniert in der Praxis ganz gut. Die meisten Menschen kennen, Hollywood sei Dank, eine ganze Reihe brauchbarer Erfolgs-Skripts.
Vermutlich gab es Hindernisse. Man wollte auch schon einmal aufgeben. Doch dann hat man die Zähne zusammengebissen. Man hat sich auf seine Stärken besinnt. Es gab überraschenderweise andere, die einen geholfen haben. Es war wichtig, auch einmal zu entspannen und Spaß zu haben. Auf der einen Seite gibt es die Erfolgstories mit ihren typischen Bausteinen und auf der anderen individuelle Erfahrungen und eine freie Fantasie. In dem Zukunftsbrief kann man alles zusammenführen. Ausgangspunkt ist stets der letztendliche Erfolg, das Happy-End. Ausgehend von diesem außer Frage stehenden Happy-End schreibt das Zukunfts-Ich den Brief an ein vielleicht zweifelndes Gegenwarts-Ich in der Du-Form.
„Nun liegt die Krise schon mehrere Monate hinter dir und du genießt ein Leben, wie es dir und vielen anderen Menschen lange versagt war. Du gehst wieder ins Kino und danach in ein gemütliches Restaurant. Es macht dir wieder Freude in der Bar zu sitzen, dein eigenes Wort kaum zu verstehen und dabei einen Cocktail zu schlürfen. Vor einem Jahr hättest du dir kaum träumen lassen, daß so schnell wieder Normalität einkehrt. Damals saßt du gefrustet zu Hause und konntest dir nicht vorstellen, jemals wieder einen Workshop mit sechzehn Teilnehmern zu geben, bei dem ihr zur Auflockerung Gruppenübung mit Anfassen durchführt. Um diese schwierige Zeit zu überwinden, hast du dich konsequent weitergebildet und einen Plan B entwickelt: Online-Kurse. Die Technik war neu und am Anfang hat es auch ganz schön geruckelt, doch dann hast du plötzlich erkannt, daß jede Einschränkung auch eine Chance bedeutet. Du bist besonders kreativ geworden bei der Entwicklung neuer Übungen. Damals hast du noch nicht geahnt, daß du damit zu einem Pionier geworden bist, dessen Ideen auch in der realen Welt eines Tages für Aufsehen sorgen werden…“
Natürlich ist jeder Brief aus der Zukunft sehr individuell. Er richtet sich an eine Person, an ein Du, daß niemand so gut kennt wie man selbst. So ist diese Übung neben Motivation und Planungstool auch ein Weg der Selbsterfahrung. Man betrachtet sich selbst, entdeckt sich neu und verändert sich. Das Zukunfts-Ich wird zum Coach. Online. Virtuell. Mit einer ganz praktischen Auswirkung auf das Hier und Jetzt.
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