Wer hat noch nicht von der so genannten Mid-Life-Crisis gehört. In der Mitte des Lebens beginnen Männer und Frauen sich und ihr Leben zu hinterfragen und manchmal sogar einiges zu verändern. Das ist für die Betroffenen nicht einfach, stellt aber auch das soziale Umfeld nicht selten vor Probleme. Veränderung eben. Der Umstand, daß man gleich von einer Krise spricht und diese negativ toniert, deutet allerdings auf ein Problem hin, das mehr auf die Gesellschaft als das Individum verweist. Was ist so verwerflich daran, sich noch im fortgeschrittenen Alter zu verändern? Bis zu welchem Alter darf man sich entwickeln und ab wann sollte man „gesettelt“ sein? Oder anders formuliert: Wo hört Jugendwahn auf und wo fängt Alterspubertät an?
Der junge Mensch in der Pubertät stellt sich Fragen. Wer bin ich? Was soll ich aus meinem Leben machen? Wo gehöre ich hin? Auch in der Mitte des Lebens, wenn man manches ausprobiert hat und vielleicht nicht in jeder Hinsicht zufrieden ist, können diese Fragen einen bedrängen. In der Folge beginnt man vielleicht einiges zu verändern. Experimente werden gemacht. Manch einer wechselt sogar Beruf und Partner. Kein Wunder, daß es dabei auch zu Konflikten kommen kann. Inneren wie äußeren. Schnell hebt sich der warnende Zeigefinger derjenigen, die es nur gut meinen.
Die Werbung sagt uns auch, was wie zu sein hat. Sie suggeriert uns ein Bild des Menschen und des Lebens, das vor allem dann lebenswert ist, wenn man jung ist. Altsein assoziert man mit Leid, Krankheit und Untergang. Wen kann es wundern, daß der selbstbestimmte Mensch nicht mehr gerne in diesen Zerrspiegel schaut. Aus ökonomischer Sicht mag es Sinn machen, das Neue zu bevorteilen und das Alte zu entsorgen. Aus Sicht des Menschen, der kein Produkt der Haenfüßler sein will, ist es ratsam, sich diesem Vorstellung zu widersetzen. Tatsächlich unterstützen wissenschaftliche Untersuchungen, daß das biologische Alter mehr als eine Zahl ist, die vom Geburtsdatum abhängt. Lebenswandel, Hoffnung und der Mut zum Risiko sind wichtiger als das, was in der Geburtsurkunde steht. Altern ist nicht 100%ig objekiv, jung sein ebenso wenig. Vieles hängt stark mit der eigenen Haltung zur Veränderung und dem Selbstbild als reifender Mensch zusammen. Man ist so alt, wie man sich fühlt, heißt es. Tatsächlich führen positive Gefühle dazu, daß man kreativer und frischer bleibt und auch so aussieht. Am besten die Jugendapostel schauen nicht in den Spiegel, wenn sie sich alt fühlen. Wer sich jung und gut fühlt, dem sind Spiegel egal und man pfeift auf Zahlen.
Vielleicht ist sie ja tatsächlich nur eine Phase, diese Alterspubertät, wie manche Autoren behaupten. Dann darf sie aber auch Spaß machen. Den anderen, die sich neidisch über die Freiheit der anderen mokieren und besonders denen, die den Mut haben, sie sich zu nehmen. Das Leben hat viele Phasen und jeder Mensch hat mehr Möglichkeiten der Wahl, als es den Anschein hat, so lange er daran glaubt. Wer wählen will, sollte daher mehr auf sich selbst schauen und den Kritikern den pubertären Stinkefinger des Glücks zeigen.
Also: Worauf haben Sie heute Lust? Welche Krise durchlaufen Sie gerade? Welche Chancen warten auf Sie?
Jeder Mensch verdient eine zweite Chance und eine ebensolche Pubertät. Viel Glück, Hase!
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